Probleme und Begriffe

Neben Wasser und Luft ist seit 1999 auch der Boden als Teil der natürlichen Le-bensgrundlagen des Menschen durch ein Bundesgesetz geschützt,
nachdem zuvor schon die Bundesländer Gesetze geschaffen hatten. Der Boden ist insbesondere Produktionsgrundlage, z.B. für Nahrungsmittel.
Im Wasserhaushalt wirkt er als Filter, Puffer und Transformator für die im Wasser gelösten Substanzen. Im Gegensatz zu Wasser und Luft zeigen sich
im Boden Schadstoffbelastungen oft erst mit einer er-heblichen zeitlichen Verzögerung. Entsprechend hoch ist dann aber auch der Sanierungsaufwand.

Was sind gefährliche Vorgänge?

  • Auf die Kenntnis oder die Schuld eines Verantwortlichen kommt es nicht an: Hochwasser, Krieg oder die Folgen des Bergbaus vor vielen Jahrhunderten können
  • die Verantwortung für Bodenbelastungen begründen.Das gilt auch für Bodenbelastungen durch Schadstoffe, die durch die Luft weitergetragen werden und sich im
  • Boden niederschlagen.
  • Auch ein früherer sorgloser Umgang mit heute als gefährlich erkannten Stoffen ist schädlich.
  • Auch unvermeidliche Bodenbelastungen sind beachtlich, z. B. die geringen Tropfverluste beim Betanken von Fahrzeugen an Tankstellen
 

Die Bedeutung des Altlastenrechts ergibt sich zum einen aus der Zahl der geschätzten Fälle und aus den Sanierungskosten.

Das Umweltbundesamt schätzte im Dezember 1998 ca. 300 000 Verdachtsfälle, davon 1/3 in den neuen Bundesländern. Der Rat von Sachverständigen für Umweltfragen kam im Februar 2000 auf ca. 325 000 Flächen und 10 000 militärische Flächen. Davon sind nur zehn bis fünfzehn Prozent sanierungsbedürftig.

Bis das aber geklärt ist, sind die belasteten Flächen faktisch unverkäuflich. Auch Übertragungen innerhalb einer Unternehmensgruppe sind wegen der genauen Wertermittlung schwierig.

Die Kosten können schnell beachtliche Größen erreichen, zumal eine Schätzung vor Beginn naturgemäß mit Unsicherheiten behaftet ist. Folgende Beträge können einen gewissen Anhalt geben:

Zum Verständnis des Gesetzes sind die folgenden Begriffe wichtig:

  • Boden: Nur dieser wird vom BBodSchG geschützt. Es ist die obere Schicht der Erdkruste: also bei einem Bach nicht das Bachbett und in der Tiefe nur bis zum Grundwasser.
  • Altlasten sind entweder Altablagerungen (stillgelegte Ablagerungsplätze mit Abfällen, Kampfstoffen oder wilden Ablagerungen) oder Altstandorte (belastete Böden alter Industriestandorte, Bodenbelastungen durch frühere Leckagen o. Ä.). Dagegen werden laufende Unternehmen nicht erfasst. Aus ihnen können nur künftige Altlasten entstehen (1). Hier gilt nur die Vorsorgepflicht nach § 7. Diese hat aber noch keine besondere Bedeutung, weil hierzu noch eine präzisierende Verordnung des Bundes fehlt. Nur wenn Altlasten oder schädliche Bodenveränderungen vorliegen, besteht Handlungsbedarf.
  • Schädliche Bodenveränderungen gehen über den Begriff der Altlast hinaus, weil sie auch die derzeitige Nutzung erfassen und Vermeidungspflichten festlegen, nicht nur wie die Altlasten Beseitigungspflichten. Es muss eine Beeinträchtigung der Bodenfunktionen vorliegen, die geeignet ist, für den Einzelnen oder die Allgemeinheit Gefahren oder zumindest erhebliche Nachteile oder Belästigungen herbeizuführen. Erosion, Verdichtung, Versiegelung, sogar ein Erdrutsch sind schädliche Bodenveränderungen, aber keine Altlast.

Die erste Altlastenerfassung durch die Umweltbehörden der Länder ist heute abgeschlossen und wird teilweise wieder aktualisiert wie z. B. in Baden-Württemberg. Sie wurde ab Mitte der 80er Jahre begonnen. Deshalb kann sich ein Grundstückskäufer durch eine Einsichtnahme in die amtlichen Unterlagen entweder bei der örtlich zuständigen unteren Bodenschutzbehörde, Landratsamt oder kreisfreie Stadt, oder auch in die Dateien bei Behörden auf Landesebene (2) mit relativ großer Sicherheit über ein Grundstück Informationen zu dessen „Vorleben“ verschaffen.

Nachforschungen zur Vorgeschichte eines zu erwerbenden Grundstücks sind unerlässlich! Ein Recht auf den Zugang zu den Informationen ergibt sich aus § 4 Umweltinformationsgesetz und den entsprechenden Landesgesetzen.

Bei der Ermittlung wurde zunächst nur auf Grund vorhandener Behördenunterlagen(3) die Geschichte der Grundstücke geprüft (sog. historische Erkundung). Nach der dabei ermittelten Nutzung wurden je nach Schadenspotenzial auf der Grundlage von vorgegebenen Risikoklassen für einzelne Betriebsarten(4) Einstufungen vorgenommen, die auch die Notwendigkeit der weiteren Ermittlung nun vor Ort festlegten(5). Diese Ermittlungen wurden schon vor dem In-Kraft-Treten des BBodSchG begonnen und werden nun auf der neuen gesetzlichen Grundlage fortgeführt (sog. orientierende Untersuchung nach § 9 I BBodSchG). Teilweise liegen auch Karten oder Atlanten über die ermittelten Altlasten vor, so dass man sich schnell einen Überblick verschaffen kann.

Die Sanierung von Altlasten ist einerseits durch die Dekontaminierung, die Entfernung der Schadstoffe, möglich, andererseits aber auch durch die bloße Sicherung der Schadstoffe vor Ort, wenn die Ausbreitung der Schadstoffe verhindert werden kann und sie keine Gefährdung verursachen (Einkapseln der Schadstoffe). Hierbei spielt die konkrete Nutzung des Grundstücks eine wichtige Rolle, die aber auch den vorhandenen Schadstoffen angepasst werden kann (Beispiel: einfacher ebenerdiger Parkplatz statt Wohnbebauung).

Bei Altlasten, die nach dem 1.3.1999 eingetreten sind, ist die bloße Sicherung aber nur noch unter erschwerten Voraussetzungen möglich, weil nun grundsätzlich beseitigt werden muss. Nur ausnahmsweise ist Vertrauensschutz möglich. Mit der bloßen Sicherung lässt sich auch die sog. natural attenuation vergleichen, bei der aber zusätzlich Abbauprozesse bezüglich der Schadstoffe ablaufen, die aber ohne menschliche Einwirkung nur beobachtet werden. Die rechtliche Einordnung dieses Vorgehens ist aber noch nicht geklärt. Eine vom BBodSchG zur Sanierung vorgesehene „Maßnahme“ liegt wohl nicht vor. Äußerstenfalls sind auch reine Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen ausreichend zur „Sanierung“, wenn weitergehende eigentliche Sanierungsschritte nicht möglich oder unzumutbar sind.

Die Sanierungstechniken sind naturgemäß je nach Schadstoff, Ausbreitung und Boden sehr vielfältig, so dass hier nur ein kurzer Überblick gegeben werden kann. Einzelheiten muss ein Sachverständiger ermitteln(6). Üblich sind physikalische, chemische, mikrobiologische und thermische Verfahren.

Verbleibt der belastete Boden an Ort und Stelle wie bei der Einkapselung, spricht man von einer Behandlung in situ, ex situ ist die Dekontamination durch Ausgrabung und die Deponierung des Bodens. Erfolgt die Behandlung des belasteten Bodens vor Ort durch Reinigungsmaßnahmen (z. B. durch Bodenluftabsaugung), liegt ein on-side-treatment vor.

(1) Urteil des VG Freiburg vom 14.11.2002, 6 K 763/01, Natur und Recht 2004, 257.

(2) in Baden-Württemberg z. B. bei der Landesanstalt für Umweltschutz (LUBW in Karlsruhe).

(3) Z. B. durch Einsicht in Baugenehmigungsunterlagen oder Genehmigungen nach der GewO.

(4) In Baden-Württemberg nach dem Branchenkatalog von Betriebsstandorten zur historischen Erhebung von Altstandorten der LUBW von 1993 folgende Beispiele unterschiedlicher Risiken: Edelsteinschleifereien Risiko 0, Kunstdruckereien 1, Holzfaserfabriken 2 (hohes Risiko). Ein anderes Bsp. für hohes Risiko sind chemische Reinigungen und Tankstellen jeder Art.

(5) Dabei legten in Baden-Württemberg Bewertungskommissionen in den Kreisen Fallgruppen fest: A = Ausscheiden, B= Beobachten, E= weitere Erkundung. Die E-Fälle wurden nochmals nach ihrer Dringlichkeit geordnet. Probleme für einen Unternehmer können sich bei einem B – Grundstück ergeben, wenn die notwendigen Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind und eine Baugenehmigung beantragt wird. Der Nachweis einer unschädlichen Nutzung liegt beim Bauherrn, der vor der Genehmigung dann die entsprechenden Untersuchungen selbst durchführen muss. Entsprechendes gilt für eine Gemeinde, die einen Bebauungsplan für ein belastetes Grundstück aufstellen will. Denn sie muss sicherstellen, dass etwa die vorgesehene Wohnnutzung ohne Gesundheitsgefahren möglich ist. Andernfalls haftet sie bei erkennbaren Altlasten den künftigen Bauherrn aus Amtshaftung.

(6) Laufende Berichte über die Entwicklung der Sanierungstechniken z. B. in der Zeitschrift altlasten spektrum im Erich Schmidt Verlag, Berlin.