Verborgene Gefahren in privat Grundstücken: Wer trägt das Risiko bei Kabel und Leitungsschäden?

Verborgene Gefahren in privaten Baugrundstücken:

Wer trägt das Risiko beim Kabel- und Leitungsschaden ?

Von Rechtsanwalt Hellmuth Mohr, Stuttgart

Im nachfolgenden soll es nicht um die Frage gehen, wann der Bauunternehmer für Schäden an Leitungen haftet, die im öffentlichen Straßenraum liegen. Hier ist die Haftung seit langem schon sehr streng und durch die DIN 1998 geregelt. Anlass zur Aufmerksamkeit bietet vielmehr eine Entscheidung des OLG Düsseldorf vom Juni 2001, die die Haftung für Schäden an Leitungen in privaten Grundstücken weiter zieht als dies bisher in einer früheren Entscheidung dieses Gerichts und einer anderen des BGH geschehen ist. Im vorliegenden Fall war die Verkäuferin zwar eine Gemeinde. Es handelte sich aber um ein Grundstück ohne öffentliche Zweckbindung oder Widmung. Deshalb galten hier die Regeln für die Ermittlungspflichten auf privaten Grundstücken. Für Bauunternehmer ist also auch hier Vorsicht geboten.

In der neuen Entscheidung wusste der interessierte Käufer und Bauherr eines Grundstücks vom bisherigen Eigentümer nur, daß 1 m hinter der Grenze ein Elektrokabel liege. Tatsächlich hatte der bisherige Eigentümer aber in einem Gestattungsvertrag einem Dritten die Verlegung einer ganzen Kabeltrasse erlaubt. Wie bereits das Landgericht geht das OLG nicht mehr auf die Frage ein, ob dem Käufer die genaue Lage der Leitung mitgeteilt worden ist oder nicht. Denn auf alle Fälle liege eine Verletzung der eigenen Untersuchungspflicht durch den Käufer vor. Interessant ist nun die Frage, mit welcher Genauigkeit dem Bauwilligen eine Lagebeschreibung des Kabels gegeben werden muss. Das Gericht sagt ausdrücklich, dass sich der Käufer nicht darauf verlassen durfte, dass der genannte Abstand von einem Meter "überall exakt" eingehalten war. Vielmehr musste mit einer "nicht unerheblichen" Abweichung gerechnet werden. Das Gericht forderte das Anlegen eines oder ggf. mehrerer Suchgräben zur Ermittlung der genauen Lage des Kabels. In diesem Punkt geht das Urteil deutlich über die bisherigen Grundsätze der Rechtsprechung hinaus. Am Rande weisst es noch darauf hin, dass auch die fehlende Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit im Grundbuch den Käufer nicht schützen kann. Denn die Dienstbarkeit schütze nur das Recht selbst, nicht aber die auf Grund dieses Rechts erstellten Anlagen.

Das neue Urteil muß deshalb beachtet werden, weil die vorausgegangenen Urteile zwar Ermittlungspflichten des Bauunternehmers festlegten, sich aber nicht zum Rahmen möglicher Irrtümer oder Ungenauigkeiten äußerten.

In einer Entscheidung von 1995 begründete der BGH die Haftung des Bauunternehmers für einen Antennenkabelschaden damit, dass er bei Baumaßnahmen auf einem privaten Wohngrundstück nicht festgestellt habe, dass die umliegenden Wohnhäuser keine Antennen besitzen. Deshalb hätte er davon ausgehen müssen, dass Antennenkabel im Erdreich liegen. Ein solches hatte er bei Baumaßnahmen beschädigt. Darüber hinaus hätte der Unternehmer auch schon aus der Tatsache, dass es sich um eine große Wohnsiedlung gehandelt hat, auf das Vorliegen von Versorgungsleitungen im allgemeinen schließen können. Der Bauunternehmer hat zwar bei einer städtischen "Stabsstelle" nachgefragt, allerdings nicht nach privat verlegten Kabeln. Dort waren zudem die zur Verlegung der Antennenkabel geschlossenen Gestattungsverträge nicht bekannt. Denn auch hier war zwar die Stadt Eigentümer des Grundstücks, das aber keinem öffentlichen Zweck gewidmet war. Das Gericht weist zwar noch darauf hin, dass die Existenz der Leitungen in den einschlägigen Baukreisen bekannt gewesen sei, ohne diese Kreise aber genauer zu bezeichnen.

Auch in der Entscheidung des OLG Düsseldorf im Jahre 1997, die der gleiche Senat getroffen hat, der auch die Entscheidung im Juni 2001 zu fällen hatte , konnte sich das Gericht damit begnügen, eine Nachfrage des Bauunternehmers beim Eigentümer und dessen Nachbarn zur Lage von Elektrokabeln ausreichen zu lassen, um die Haftung des Bauunternehmers verneinen zu können. Auch hier ging es wiederum um ein Kabel in einem privaten Grundstück. Der Bauunternehmer durchtrennte dieses, was zu einem Brand in dem Wohnhaus führte, das mit dem Kabel angeschlossen war. Der Brand entstand aber nach einer Aussage des Sachverständigen dadurch, dass die elektrischen Anschlüsse nicht fachgerecht von einem Fachmann durchgeführt worden waren, sondern von dem Bewohner des Hauses selbst. Auch dies entlastete schon den Bauunternehmer. Allerdings stellt das Gericht zur Entlastung des Bauunternehmers auch fest, dass er ja den Eigentümer des Grundstücks gefragt habe. Dieser erklärte zwar, er wisse von nichts, Elektroleitungen seien aber möglich. Das Gericht weist nun ausdrücklich darauf hin, dass sichere Erkenntnisquellen wie Probeschlitze zwar möglich, aber unverhältnismäßig gewesen seien, insbesondere weil der Bauunternehmer ja die Nachbarin befragt habe, die ihm allerdings auch nicht die richtige Lage des Kabels mitgeteilt hat.

Es ist offensichtlich, dass das Gericht seine Auffassung in der neuen Entscheidung vom Juni 2001 zur Frage, wer den unverschuldeten Irrtum bei der Aussage über die Lage von Leitungen zu vertreten hat, zu Lasten des Bauunternehmers verschärft hat. Das bedeutet natürlich noch nicht eine endgültige Wendung in der Rechtsprechung, zumal eine entsprechende Aussage des BGH noch nicht vorliegt. Anlaß besteht aber, auf das Risiko des Bauunternehmers hinzuweisen. Am Rande ist darauf zu verweisen, dass nicht nur das Grundbuch eine Aussage über bestehende Dienstbarkeiten geben kann, sondern auch das Baulastenverzeichnis über bestehende Baulasten. Während das Grundbuch allgemein bekannt ist, führt das Baulastverzeichnis eher ein Schattendasein. Baulasten gibt es in allen Bundesländern außer Bayern und Brandenburg.