Staufen und Wiesbaden können überall sein: die Risiken des Hauseigentümers aus seiner Haftung für eine Geothermieanlage

Die Preissteigerungen bei den Energiekosten in den vergangenen Monaten und die Aussichten auf eine gleichbleibende Tendenz in der Zukunft haben zu einer wahrhaft euphorischen Stimmung für die Nutzung der Erdwärme zu Heizzwecken in Gebäuden geführt, was sich auch in der Berichterstattung in dieser Zeitschrift widerspiegelt. Die Bannerträger dieses Kreuzzuges hin zur Geothermie sind naturgemäß diejenigen Berufsgruppen, die am meisten davon profitieren: Ingenieure, ausführende Unternehmen und Hersteller entsprechender Anlagen. Bei dieser intensiven Werbung wird durchweg das Haftungsrisiko für den Eigentümer einer solchen Anlage unterschlagen.

Staufen und Wiesbaden sind natürlich spektakuläre Fälle, ein Risiko steckt aber auch in kleineren Anlagen für ein Wohnhaus. Der Bauherr darf sich deshalb keinen Illusionen hingeben. Im Schadensfall kann er sich nur während der Gewährleistungsfrist an seinen Auftragnehmer oder den Ingenieur halten. Rentabel ist eine Anlage aber immer erst dann, wenn sie einen wesentlich längeren Betriebszeitraum schadensfrei übersteht. Sanierungskosten bei Schäden im Wasser oder im Boden sind immer hoch und übersteigen regelmäßig das Kapital einer kapitalschwachen GmbH mit 25.000 €. Der interessierte Bauherr muss deshalb die Verjährungsfrist verlängern und sich auch nach dem Versicherungsschutz seines Auftragnehmers erkundigen. Er kann nur hoffen, dass dieser dann auch noch im künftigen Schadensfall bestehen wird. Bei einer Sanierung muss ein Gebäudeeigentümer angesichts des in seiner Immobilie liegenden Wertes damit rechnen, dass die Behörde ihn und nicht den Unternehmer, der früher einmal die Anlage installiert hat und dessen spätere tatsächliche und finanzielle Situation schwierig aufzuklären ist, zur Sanierung heranziehen wird. Saniert wird nicht nach dem Gebot der materiellen Gerechtigkeit, sondern dem in der Effizienz: Wer kann die Sanierung bezahlen?

Dies alles sind Gründe dafür, dass sich ein Bauherr zumindest genauso intensiv um Haftungsfragen kümmern muss wie um die Details der technischen Ausführung der Anlage. Die Errichtung einer Geothermieanlage ist gegenwärtig mit nicht überschaubaren Risiken verbunden. Diese muss der Bauherr gegenüber den wirtschaftlichen Vorteilen abwägen, denn später wird er aus einem Schaden nicht klug, sondern ruiniert sich wirtschaftlich.

Im Nachfolgenden geht es deshalb um die Haftung des Eigentümers einer Erdwärmesonde nach § 22 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) gegenüber einem Wasserbenutzer auf Schadensersatz und öffentlich - rechtlich nach Wasser- oder Bodenschutzrecht auf Grundwassersanierung.

Der Ausgangsfall

1. Die Erdwärmesonde des E wird 10 Jahre nach Einbau undicht und gibt aus der Wärmeträgerflüssigkeit Glykol (zulässig je nach den landesrechtlichen Regelungen außerhalb von Wasserschutzgebieten) in das Grundwasser ab. Die Behörde verlangt die Sanierung, ein betroffenes Wasserwerk die erhöhten Kosten zur Reinigung des Grundwassers.

2. Bei der Errichtung der Geothermieanlage durch den U, den der E beauftragt hat, wird das Grundwasser beim Bohrvorgang (Durchbohrungen verschiedener Grundwasserstockwerke)verunreinigt. E möchte wissen, ob er auch hier für die Sanierung und die erhöhten Wasserbehandlungskosten haftet.

Die zivilrechtliche Haftung nach § 22 WHG

Abs. 1 setzt voraus, dass in ein Gewässer Stoffe eingebracht oder eingeleitet werden. Damit wird ein in Literatur und Rechtsprechung im Einzelnen unterschiedlich definiertes zielgerichtetes Handeln vorausgesetzt. Im Fall 1. liegt dies bei E nicht vor, da diese Zweckgerichtetheit bei Stör- oder Unfällen verneint wird. Demgegenüber haftet der U gegenüber dem Wasserwerk aus Abs. 1. Verschulden spielt hierbei keine Rolle, da es sich um einen Gefährdungstatbestand handelt. Auch der reine Vermögensschaden (die erhöhten Kosten für die Wasserbehandlung), nicht nur Schäden an Körper, Gesundheit oder Eigentum werden von Abs. 1 erfasst. Im Gegensatz zu anderen Gefährdungstatbeständen ist die Höhe des Anspruchs hier auch nicht begrenzt. Das Wasserwerk könnte auch die Rettungskosten (Einbau eines Pumpwerks vor der Wasserfassung zur Filtrierung des verunreinigten Grundwassers) ersetzt verlangen.

Die Haftung aus Abs. 2 betrifft den E. Die dabei vorausgesetzte Anlage wird sehr weit verstanden. Auch Rohrleitungen fallen darunter. Abs. 2 verlangt zwar, dass Stoffe (hier wieder die Wärmeträgerflüssigkeit) ins Grundwasser gelangen aus einer Anlage, die dazu bestimmt ist, Stoffe u. a. zu verarbeiten. Ein solcher Verarbeitungsvorgang findet hier nicht statt, weil die Trägerflüssigkeit sich in ihrer Zusammensetzung während des Kreislaufs nicht verändert, sondern lediglich Wärme aufnimmt und abgibt. In Erweiterung dieses unmittelbaren Wortsinns hat aber die Rechtsprechung eine Verarbeitung dann angenommen, wenn Stoffe in einer Anlage zur Herstellung anderer Erzeugnisse (hier: Gewinnung der Wärmeenergie) verwendet werden. Wäre diese Flüssigkeit lediglich

Behörde nicht auf den Sanierungskosten sitzen bleiben will. Im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 16.02.2000 zu einer möglichen Haftungsbegrenzung des Zustandsstörers im Bodenschutzrecht kann man sich bezüglich der Haftung des E lediglich die Frage stellen, ob die Sanierungskosten den Verkehrswert des Grundstücks nach Sanierung übersteigen dürfen oder im Falle eines selbst genutzten Wohnhauses die Grenzen des Vorteils des mietfreien Wohnens. Da das Bundesverfassungsgericht diesen Schutz bei fahrlässiger Kenntnis entfallen ließ, muss man sich diese Frage auch hier im Wasserrecht stellen, weil der Auftraggeber nach entsprechenden Rundschreiben des DVGW auf das Haftungsrisiko des § 22 WHG hingewiesen werden soll. Damit entfällt auch seine Arglosigkeit bezüglich der öffentlich-rechtlichen Haftung.

Der kurze Lauf der Verjährung

Das Risiko der Verjährung liegt für den E darin, dass sein Anspruch gegenüber dem U, auch gegen einen beteiligten Ingenieur, nach Werkvertragsrecht fünf Jahren nach Abnahme verjährt (§ 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB bei einem Bauwerk). Demgegenüber verjährt der Anspruch der Behörde auf Sanierung wie allgemein im öffentlichen Recht nie. Auch der Anspruch aus § 22 WHG kann zeitlich erst viel später entstehen. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre, beginnt aber erst zum Ende des Jahres, in dem der Schaden entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Damit diese kenntnisabhängige Verjährung nicht zu lange dauern kann, wird sie für Vermögensschäden auf 10 Jahre ab Entstehung des Anspruchs und auf 30 Jahre ab Begehung der schädigenden Handlung. Im Falle 1. beginnt die Verjährung also erst dann, wenn das Wasserwerk die Schadstoffe feststellt und den Verursacher ermitteln kann. Es ist offensichtlich, dass dies regelmäßig erst nach Ablauf der oben genannten fünf Jahre aus der werkvertraglichen Gewährleistung erfolgt.

Lücken im Versicherungsschutz

Versicherungsrechtlich besteht zwar für Privatpersonen (für E) ein Schutz in der Haftpflichtversicherung, weil der generelle Ausschluss der Haftpflichtansprüche wegen Umweltschäden (Nr. 7.10 a, b Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung, AHB, Stand Januar 2008) für die Versicherung privater Haftpflichtrisiken an gleicher Stelle in den AHB wieder aufgehoben ist. Im Zusammenhang mit dem Umweltschadensgesetz (USchadG) vom Mai 2007 wurden wegen der Auswirkungen dieses neuen Grundstückseigentümers nach dem Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG).

Bei U hilft auch eine spezielle Umwelthaftpflichtversicherung für die gewerbliche Tätigkeit aus den gleichen Gründen wie bei E auch nicht gegen die öffentlich-rechtliche Sanierungspflicht. Als für den Einbau Verantwortlicher haftet der auch bei schädlichen Bodenveränderungen nach dem BBodSchG und, da er im Gegensatz zur E beruflich tätig ist, für die Schädigung des oberirdischen Gewässers und des Grundwassers nach dem USchadG bzw. dem WHG. Diese Haftung geht auf europarechtlicher Grundlage weiter als die nationale Haftung nach anderen Umweltgesetzen (z. B. BBodSchG), weil nicht nur der ursprüngliche Zustand wieder hergestellt werden muss, sondern auch ein Ausgleich für die Zeitdauer der Beeinträchtigung der Umwelt bis zur Der U kann sich gegenüber privatrechtlichen Ansprüchen, die aber wie erläutert nur während der Verjährungsfrist gegen ihn geltend gemacht werden können, schützen. Da es sich bei einer Anlage zur Geothermie um eine Anlage mit einem hohen Gefährdungspotenzial für das Grundwasser handelt, hilft hier nicht die Betriebshaftpflichtversicherung, sondern nur eine spezielle Umwelthaftpflichtversicherung.

Das ernüchternde Fazit

Es bestehen also für einen Bauherrn einer Geothermieanlage erhebliche Haftungsrisiken, die den möglichen Einsparungseffekt bei der Energiegewinnung langfristig infrage stellen können. Deshalb reicht es sicherlich nicht aus, wie in dem erwähnten Papier des DVGW vorgesehen den Bauherrn lediglich abstrakt auf das Risiko der Haftung nach § 22 WHG hinzuweisen. Wer also nicht selbst im Umweltrecht fit ist, muss sich fachkundigen juristischen Rat einholen, denn das juristische Szenario ist nicht einfach zu durchblicken. Und zur rechtlichen Beratung ist ein Handwerker oder Ingenieur nicht verpflichtet. Eines muss dem Bauherrn klar sein: Hinterher im Schadensfall hilft ihm niemand weiter!

Mit den oben dargelegten Risiken sind die möglichen Haftungsgrundlagen auch noch nicht vollständig beschrieben. Wer über seine Geothermieanlage zu viel Wärme aus dem Erdreich holt („Wärmeklau“), beeinträchtigt möglicherweise entsprechende Maßnahmen seines Nachbarn, die dieser wiederum gerichtlich abwehren kann.

Hellmuth Mohr, Rechtsanwalt in Stuttgart